„Sie gehen nicht in den Krieg, um andere zu töten – sie lassen sich lieber selber töten“

„Erinnerung stirbt, wenn Menschen und Ihr Schicksal vergessen werden“ – Bereits der zehnte Stolperstein wurde heute in Hennigsdorf vor der Berliner Str. 18 von Gunter Demnig verlegt. Erinnert wird an das Leben von Wilhelm Busse und seiner Frau Klara, welche hier wohnten. Beide gehörten der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas an und mussten Zeit Ihres Lebens aufgrund ihrer religiösen Einstellung mit Erniedrigung, mit Haft und letztendlich neben vielen anderen Menschen dies mit dem Leben bezahlen.

Neben dem Stolperstein (2006 verlegt) von Klara Busse wurde heute Ihrem Ehemann Wilhelm Busse gedacht. In seiner Ansprache machte sein Urenkel Stephan Steinfurth mehr als deutlich, was die Verfolgung während der Zeit des Nationalsozialismus und danach in der DDR für seine Familie bedeutete:

Hätte Wilhelm Busse das Grundgesetz vor 70 Jahren mitgeschrieben, so wäre nach seiner Überzeugung der Artikel 1  – „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ mit seinen Worten und Überzeugungen sicher mit den Worten „Die Würde anderer Menschen ist unantastbar“ verfasst worden – so sein Urenkel.

„Sie gehen nicht in den Krieg, um andere zu töten – sie lassen sich lieber selber töten. Aus religiösen Gründen verweigerten die Zeugen Jehovas den Hitlergruß  und auch den „Dienst an der Waffe“ – mit allen daraus entstehenden Konsequenzen. „Moral war mehr wert, als ihr eigenes Leben“ – Über 8000 Mitglieder der Zeugen Jehovas waren während der NS Zeit aufgrund des Verbotes (1934) der Religionsgemeinschaft betroffen und legten sie nicht ihren Glauben ab, so hatten sie wie Wilhelm Busse mit Haft und Tod zu rechnen. 1935 und 1936 wurde auch Wilhelm Busse inhaftiert – angeklagt und zu 15 Monaten Haft verurteilt und 1938 ins KZ Sachsenhausen eingeliefert. Er überlebte Haft und Krieg – seine Ehefrau nicht. Sie wurde 1940 verhaftet und 1941 ins KZ Ravensbrück deportiert und starb im KZ Auschwitz am 07.01.1943.

Das Leiden hatte aber selbst nach dem Krieg für den Urgroßvater von Stephan Steinfurth kein Ende – In der DDR zu 8 Jahren Zuchthaus verurteilt, verstarb er am 10.März 1957 im Haftkrankenhaus von Brandenburg-Görden nach einem Schlaganfall. „Das stärkste Bild ist immer noch ein Vorbild“ so sein Urenkel und Wilhelm Busse war dies, weil er seinen Glauben nicht ablegte.

Heute wurde im Hennigsdorfer Stadtklubhaus in einer weiteren Veranstaltung an Wilhelm Busse erinnert. Für mich hat die Verlegung des Stolpersteines auch eine ganz persönliche Bedeutung. Als ehemaliges Mitglied des Aufsichtsrates der IGV mbH – einer ehemals städtischen Gesellschaft von Velten, habe ich die Ansiedlung der Zeugen Jehovas (Königreichssaal) im Velten Business Park Am Havelring vor vielen Jahren begleitet. Nur war mir zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bewusst, welche Leiden die Vorfahren der heutigen Religionsgemeinschaft in der NS Zeit und danach erleiden mussten. Ich werde also zukünftig auch dieses aus einem ganz anderen Blickfeld sehen. Schon aus diesem Grund ist der Stiftung von Gunter Demnig, der Familie um Stephan Steinfurth, der Stadt Hennigsdorf und allen die daran erinnern, zu danken. Und gleichzeitig ist es Mahnung, denn Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind noch immer vorhanden und begegnen uns in der heutigen Zeit wieder verstärkt. 

 

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