Der Königreichsaal der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas am Havelring im Velten Businesspark ist vielen als religiöser Veranstaltungsort eher unbekannt. Ich traf mich in dieser Woche mit zwei Vertretern (Älteste) der Religionsgemeinschaft, um mir vor Ort einen persönlichen Eindruck über deren Wirken und dem Ort selbst machen zu können.
2019 kam ich erstmalig in Kontakt mit Herrn Carsten Loth von den Zeugen Jehovas. Damals fand in Hennigsdorf die Stolpersteinverlegung für Wilhelm und Klara Busse statt, an welcher auch Vertreter der Zeugen Jehovas teilnahmen. Wilhelm Busse trat 1923 den Zeugen Jehovas bei und wurde getauft. Unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurde die Religionsgemeinschaft und deren Anhänger verfolgt. Ihr Glaube verbietet es, andere Menschen zu töten und damit verbunden ist ein Dienst „an der Waffe“ für sie ausgeschlossen. Auch der Hitlergruß war Ihnen damals unmöglich, da der Gott Jehova als „alleiniger Befehlshaber“ für sie steht. So wurde auch Wilhelm Busse 1935 und 1936 aufgrund seines Glaubens inhaftiert und kam 1937 ins Konzentrationslager Sachsenhausen. Das Wilhelm Busse 1950 erneut verhaftet und zu 8 Jahren Zuchthaus aufgrund seiner Glaubensausübung in der DDR verurteilt wurde, ist bezeichnend für zwei aufeinanderfolgende Diktaturen. Er verstarb an den Folgen der Haft 1957. Mit der Verlegung der Stolpersteine wurde auch daran erinnert, das nicht nur Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter usw. inhaftiert und getötet wurden, sondern auch viele andere Gruppen. Die Zeugen Jehovas gehörten dazu.
Bis zum heutigen Tage werden Gläubige dieser Religionsgemeinschaft in einigen Ländern verfolgt. Aktuell wäre dabei auch Russland zu nennen. Dort müssen die Gläubigen mit Verhaftung und Restriktionen rechnen, sofern sie Ihre Glaubensrichtung praktizieren. Gut, dass dies in unserer demokratischen Grundverfassung nicht denkbar ist, denn die freie Religionsausübung wird im Grundgesetz garantiert.
Corona hat mir lange den Besuch am Standort in Velten verwehrt. Die Zeugen Jehovas haben sich von Beginn der Pandemie an bis heute nicht persönlich zu Ihren Versammlungen (Kongressen) treffen können und natürlich waren Besuche von Gästen damit ausgeschlossen. Die religiöse Gemeinschaft stellte bei Ausbruch der epidemischen Lage auf digitale Formate zum Beispiel Videokonferenzen um. Man half sich Untereinander, um die Teilnahme aller Gläubigen an den digitalen Treffen zu ermöglichen.
Nun begrüßte mich Herr Loth und Herr Reinsch, zwei der Ältesten von den Zeugen Jehovas. Ich habe mich sehr gefreut, miteinander ins Gespräch zu kommen.
Offen sein für alle Glaubensrichtungen und deren Inhalte zu erfahren, war mir wichtig. Dazu gab es einen sehr detaillierten Austausch zu den Inhalten und Werten der Glaubensrichtung. Zu erfahren, wie und in welchem Rahmen die religiöse Ausübung in Velten und sicherlich auch anderswo organisatorisch praktiziert wird, wurde deutlich.
Natürlich haben wir uns auch zu inhaltlichen und religiösen Unterschieden zu anderen Glaubensrichtungen ausgetauscht. Das dies auch sehr praktische Auswirkungen im Leben eines jeden Zeugen Jehovas hat, darüber ist vielfach geschrieben und auch dokumentiert worden. Allerdings werden auch viele nicht zutreffende Sachverhalte vor allen Dingen in sozialen Medien verbreitet. Ich empfehle in solchen Situationen, sich mit den Quellen auseinander zu setzen und ggf. das Gespräch mit der Glaubensgemeinschaft direkt zu führen. Dies trägt auf jeden Fall dazu bei, sich ein sehr persönliches Bild machen zu können, ohne dabei alle Ansichten teilen zu müssen.
Die wöchentlichen Treffen werden sicher bald wieder statt finden können und die Räumlichkeiten am Havelring mit Leben erfüllt sein. Ich hatte nun Gelegenheit diese kennen zu lernen. Diese sind schlicht und praktikabel für Großveranstaltungen ausgeführt. Sie bieten aber auch Rückzugsmöglichkeiten und Beratungsräume für die Vorbereitung und Durchführung der religiösen Treffen.
Hervorzuheben ist dabei sicherlich der Große Saal, in welchem bis zu 2.300 Personen Platz finden. Kongresse nicht nur deutschlandweit, sondern auch internationale Treffen fanden hier schon statt. So manch internationaler Gast kennt die Stadt Velten aufgrund seines Glaubensbekenntnisses zu den Zeugen Jehovas.
Aufgefallen ist mir der Zusammenhalt innerhalb der Glaubensgemeinschaft, wie auch Ihren gegenseitige Unterstützung in allen Lebenslagen. Dies fand ich sehr bemerkenswert. Das „Füreinander“ ist sehr ausgeprägt. Ein Besuch der sich gelohnt hat und sicher wird zukünftig auch ein „Tag der offenen Tür“ bei welchem sich jedermann ein eigenes Bild machen kann, stattfinden.